Theo Jung ist seit 2022 Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der MLU Halle-Wittenberg. Im Zentrum seiner Forschung steht die vergleichende Politik- und Kulturgeschichte Westeuropas vom 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert, mit besonderen Schwerpunkten auf politischen Kommunikationsprozessen und gesellschaftlichen Reflexionsdiskursen. Als Beiratsmitglied der Bundesstiftung „Orte der deutschen Demokratiegeschichte“ engagiert er sich auch im Bereich der historischen Bildungsarbeit für einen kritisch-reflexiven Umgang mit der deutschen und europäischen Politikgeschichte.
Autor: Robert Buch
Literatur im Widerstreit. Öffentlichkeit und literarische Intervention, damals und heute
Ein Gespräch mit Jürgen Brokoff, Freie Universität Berlin, Literaturhaus Halle, 25. Oktober 2023, 19 Uhr
Provokation und öffentliche Intervention zählten lange Zeit zu den genuinen Möglichkeiten der Literatur, von Charles Baudelaire bis Emile Zola, von Heinrich Böll zu Elfriede Jelinek. Wie steht es heute damit? Inwiefern ist Provokation weiterhin ein Mittel der Literatur? Inwiefern empfangen öffentliche Debatten ihre Anstöße auch heute noch durch literarische Werke? Wie viele öffentliche Interventionen oder Provokationen gab es in den letzten Jahren von Seiten der Autoren und Autorinnen der Gegenwart?
Anhand zweier prominenter Fälle – dem deutsch-deutschen Literaturstreit um Christa Wolfs Erzählung „Was bleibt“ und der Debatte um Botho Strauß’ Essay „Anschwellender Bocksgesang“ – untersucht der Literaturwissenschaftler Jürgen Brokoff die Infragestellung der Autorität literarischer Autorschaft und den Wandel der literarischen Öffentlichkeit. Im Gespräch mit Studierenden und Lehrenden der MLU stellt der Autor die Thesen seines Buchs Literaturstreit und Bocksgesang (Wallstein 2021) im Literaturhaus Halle vor und reflektiert auf das Verhältnis von Literatur und Öffentlichkeit unter den gewandelten medialen Bedingungen unserer Gegenwart. Diese haben den Raum öffentlicher Debatten zwar signifikant geöffnet und erweitert, die darin geführten Auseinandersetzungen aber zugleich radikal verschärft.
Jürgen Brokoff: Studium der Germanistik und Geschichte in Münster und Bonn. Seit 2014 Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Freien Universität Berlin. Gastprofessuren in Irvine, Yale, Cornell. Zahlreiche Publikationen, darunter Geschichte der reinen Poesie. Von der Weimarer Klassik bis zur historischen Avantgarde sowie Engagement. Konzepte von Gegenwart und Gegenwartsliteratur (hg. zusammen mit Ursula Geitner und Kerstin Stüssel). Seit 2022 Sprecher des SFB 1512 „Intervenierende Künste“.
Élisabeth Décultot
Prof. Dr. Élisabeth Décultot ist seit 2015 Professorin für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der MLU Halle-Wittenberg, Lehrstul für Neuzeitliche Schriftkultur und europäischer Wissenstransfer, und leitet seit 2020 das Interdisziplinäre Zentrum für die Erforschung der europäischen Aufklärung (IZEA) dieser Universität. Ihr wurde 2015 eine Alexander-von-Humboldt-Professur verliehen. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Literatur des 18.-19. Jahrhunderts sowie in der Geschichte der gelehrten Praktiken der frühen Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung der europäischen Wissenstransfers. Publiziert hat sie insbesondere zu Johann Joachim Winckelmann und zur Entstehung der Kunstgeschichtsschreibung, zum Kunstdiskurs der Aufklärung und des Klassizismus sowie zu Johann Georg Sulzer, deren „Gesammelte Schriften“ sie herausgibt. Sie ist Ko-Leiterin des DFG-Verbundprojekts „Portal ‚Der deutsche Brief im 18. Jahrhundert‘“, des BMBF-Verbundprojekts „Exzerpte. Zur digitalen Erschließung und Edition einer besonderen Text-Bild-Konstellation am Beispiel Johann Joachim Winckelmanns“ und des Langzeit-Projektes der Union der Akademien an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften „Antiquitatum Thesaurus. Antiken in den europäischen Bildquellen des 17. und 18. Jahrhunderts“.
Ottfried Fraisse
Ottfried Fraisse ist seit 2019 Professor für Judaistik / Jüdische Studien am Orientalischen Institut der MLU Halle-Wittenberg und hat diesen Lehrstuhl seit 2016 vertreten. Zu seinen Forschungsgebieten gehört die mittelalterliche Aufklärung, insbesondere die jüdisch-arabische Poesie und Wissenschaft im mittelalterlichen al-Andalus, und die europäische Aufklärung der Moderne im Spiegel der Islamforschung der Wissenschaft des Judentums wie auch die jüdische Aufklärungsbewegung im modernen Nahen und Mittleren Osten („jüdische Nahda“). Ein besonderer Akzent liegt dabei auf dem Verhältnis zwischen lokalen Aufklärungsdynamiken und dem Verhältnis zu Europa. Er leitet das BMBF-Projekt „Jenseits von Konflikt und Koexistenz – Verflechtung jüdisch-arabischer Wissenskulturen“. Seit 2020 ist er Mitglied im Direktorium des IZEA und des IZP.
Wiebke Windorf
Wiebke Windorf ist seit 2022 Professorin für Kunstgeschichte der Neuzeit an der MLU Halle-Wittenberg. Zu ihren Forschungsinteressen zählen Fragen nach der Diskursivität von Kunst in gesellschaftlich-kulturellen Transformationsprozessen, etwa nach der Faktizität und Fiktionalität in der Historienmalerei des römischen Seicento sowie der narrativen Sepulkralskulptur in der Aufklärung. Aktuell untersucht sie die Wirkmächtigkeit und Vulnerabilität von Skulptur. Sie ist Mitglied im Direktorium des IZEA sowie des IZP und leitet ein DFG-Projekt zur Skulptur und Sakralität in Paris am Übergang zur Moderne.
Tagung: Jenseits der Kritik?
Schmähpraktiken in der Aufklärung, Schmähpraktiken von Aufklärern
29.06. – 01.07.2023
Tagung im Neubauer-Saal der Franckeschen Stiftungen (Franckeplatz 1, Haus 52), in Kooperation mit der TU Dresden und der MLU Halle-Wittenberg (ARW und IZEA)
Versteht man die Aufklärung als „Zeitalter der Philosophie“, so verbindet man mit ihr insbesondere sachbezogene Kritik und vernünftiges Räsonnement. Der Streit um die Wahrheit wird positiv abgehoben von persönlichen Angriffen und Schmähungen, letztere spielen in der Aufklärungsforschung eine eher untergeordnete Rolle. Inwiefern ändert sich unser Bild vom Zeitalter der Philosophie, wenn sich die Aufklärungsforschung weniger den kritischen Sach- und Werturteilen der Aufklärer zuwendet, sondern stattdessen diejenigen Angriffe der Aufklärer in den Blick nimmt, die gegen Personen gerichtet waren und auf deren Diffamierung, Ausgrenzung, Bloßstellung abzielten? Auf der Tagung wird dieses Thema in insgesamt fünfzehn Beiträgen interdisziplinär in den Blick genommen.
Andreas Pečar
Andreas Pečar ist seit 2011 Professor für die Geschichte der Frühen Neuzeit der MLU Halle-Wittenberg. In Halle befasst er sich auf vielfältige Weise mit der Aufklärungsforschung. Er ist Mitglied im Direktorium des IZEA und des IZP. Bisherige DFG-geförderte Forschungsprojekte befassten sich mit der preußischen Hochschulpolitik an der Universität Halle in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, mit der politischen Entscheidungsfindung des Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau im Spiegel seiner Kabinettsprotokolle und mit den Veröffentlichungsstrategien im Spiegel von Nachdrucken im Englischen Bürgerkrieg sowie der Zeit des Commonwealth. Gegenwärtig befindet sich ein Forschungsprojekt über die Verwaltungsgeschichte der Franckeschen Stiftungen vom 18.-20. Jahrhundert in der Begutachtung der DFG, das gemeinsam mit Holger Zaunstöck (Stabsstelle Forschung der Franckeschen Stiftungen) erarbeitet worden ist.
Yvonne Kleinmann
Yvonne Kleinmann ist seit 2014 Professorin für Osteuropäische Geschichte am Institut für Geschichte der MLU Halle-Wittenberg und leitet das Aleksander-Brückner-Zentrum für Polenstudien, ein kooperatives Projekt der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Friedrich-Schiller-Universität Jena, das sich der interdisziplinären Erforschung historischer und gegenwärtiger Formationen polnischer Staatlichkeit, Gesellschaft, Sprache und Kultur widmet.
Ein Schwerpunkt ihrer Forschung liegt auf der polnisch-litauischen Staatenunion in der frühen Neuzeit, insbesondere auf der Stadt-, Religions- und Rechtsgeschichte. Darüber hinaus befasst sie sich mit der Geschichte des Russländischen Reichs seit dem 18. Jahrhundert aus migrations- und wissensgeschichtlicher Perspektive sowie mit den jüdischen Lebenswelten im östlichen Europa. In ihrem Forschungsprojekt „Wege der Rechtsfindung einer ethnisch-religiös gemischten Stadtgesellschaft im frühneuzeitlichen Polen“ entwickelt sie eine rechtssoziologisch orientierte Mikrogeschichte zur Integration religiöser Heterogenität in politische Herrschaft. Ihr Projekt „Verfassungen im Gespräch. Polens politische Grundordnungen als Kultur- und Verflechtungsgeschichte“ zielt auf eine transnationale polnische Verfassungsgeschichte ab.
An der MLU ist sie Direktoriumsmitglied des Zentrums für Interdisziplinäre Pietismusforschung (IZP) und hat sich im Rahmen von ARW an der internationalen Graduiertenschule Verbindlichkeit von Normen der Vergesellschaftung beteiligt. Im Kontext des Leibniz ScienceCampus Eastern Europe – Global Area (EEGA) ist sie mitverantwortlich für Research Area 4 „Cultures of Internationalism – Internationalisms of Cultures“ .
Robert Fajen
Robert Fajen ist seit 2010 Professor für Französische und Italienische Literaturwissenschaft an der MLU Halle-Wittenberg. Zu seinen Forschungsgebieten zählen insbesondere die Literatur des romanischen Mittelalters sowie die französische und italienische Literatur des langen 18. Jahrhunderts; theoretisch gilt sein Interesse vor allem Fragen der Form und Funktion literarischer Imagination. Er ist Mitglied im Direktorium des IZEA
Daniel Cyranka
ist seit 2012 Professor für Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie an der Theologischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie kooptiertes Mitglied der Philosophischen Fakultät I (Sozialwissenschaften und Historische Kulturwissenschaften). Sein derzeitiges Foschungsinteresse bezieht sich auf das Thema Esoterikforschung und soll einen Beitrag zur verflochtenen Disziplinengeschichte der Religionswissenschaft am Beispiel des Themas Esoterik im globalen Religionsdiskurs leisten. Damit werden die Achsen Kolonialität (Wissen und Macht), Wissenschaft, Religion, Esoterik sowie auch die Achse Theologien und Kulturen im Plural (und damit auch das Thema ‚Mission‘) miteinander verschränkt.